• Mission »Hörversorgung in Uganda«

    Drei Hörakustikmeisterinnen und ein HNO-Mediziner a.D. auf humanitärem Einsatz in Ostafrika

Für viele ist ein See-Container nur eine riesengroße Stahlkiste, manche sehen darin ein Symbol der Hoffnung. Für uns war es schlichtweg das Mittel zum Zweck. Wir hatten uns in den Kopf gesetzt, etwas Gutes zu tun. Ein Zeichen zu setzen für die Menschen in Afrika. Was als humanitärer Einsatz in Uganda geplant war, sollte eine Reise voller Überraschungen werden, reich an Herzenswärme, strahlenden Gesichtern und leider auch mit Schockmomenten.

Inhalt

Wenn wir nach Afrika gehen, bin ich sofort dabei! – Interview über die Vorgeschichte, die Menschen und besondere Erlebnisse vor Ort
„Unsere Hörglücksbotschafter“ – das Uganda-Team im Kurzporträt
„Wir wollen etwas aufbauen“ – Geschäftsführer Lennart Goth über die Mission
„Schönes, armes Land“ – Steckbrief über Uganda und weiterführende Links

Im Sommer 2023 war es soweit: Vollgepackt bis in jeden Winkel, schickten wir „unseren Container“ auf Reise. Alles Nötige für die Maßanfertigung von Otoplastiken und zur Anpassung der Hörgeräte – Werkzeuge, Batterien, Handfräsen und Aufsätze, Schläuche, Labormaterial, Abformsilikon, Kanülen, Injektorpistolen, Kartuschen und vieles mehr – war damit schon mal auf den Weg gebracht. Und der war lang, denn der Bestimmungsort lag in Uganda, mitten in Ostafrika zwischen Südsudan, Kenia, Tansania, Ruanda, Kongo und dem Viktoriasee.

Im Januar 2024 machten sich schließlich auch unsere „Hörglücksbotschafter“ auf den Weg – Luise „Luisa“ Schulz, Sabine van de Mee und Fiona Lindenbach, allesamt Hörakustikmeisterinnen und in Begleitung von Dr. Harald Goth, HNO-Arzt im Ruhestand. Ihr Ziel: das Nawanyago Health Centre III im Destrikt Kamuli.

Der Empfang war äußerst warmherzig und nicht nur Sister Angela, die strahlende Leiterin des Gesundheitszentrums, machte wort- und gestenreich deutlich, wie sehr sie unsere Unterstützung wertschätzte und dass unser Team mehr als willkommen war. Nach einer herzlichen Vorstellung aller Krankenhaus-Mitarbeiter und einer kleinen feierlichen Zeremonie bekamen wir eine Führung über das Krankenhausgelände und bezogen unsere Appartements, in denen wir die nächsten zwei Wochen wohnen würden.

Es waren sehr viele neue Eindrücke auf einmal. Aber jedes Gesicht, in das wir sahen machte uns klar, dass wir hier am rechten Fleck und sehr gut aufgehoben waren.

Schon kurz darauf richteten wir die freien Behandlungsräume für uns ein und bauten das Otoplastik-Labor auf, denn es gab alle Hände voll zu tun …

  • Florence N. (36)
    hört seit 3 Jahren schlecht und leidet seit 6 Monaten an Tinnitus (Brummen). Bei Erkältung sind die Ohrgeräusche sehr stark. Florence hatte Malaria, ein möglicher Grund für ihren Hörverlust. Nun hat sie auf beiden Seiten Hörgeräte von uns bekommen.
  • Bangi H. (16)
    hört seit ihrer Malariaerkrankung schlecht. Die Hörmessung ergab beidseitig einen sehr starken Hörverlust, sie wurde von uns mit zwei Hörgeräten versorgt.
  • Emmanuel M. (20)
    hört seit 3 Jahren sehr schlecht, ohne bekannten Auslöser. Er hat beidseitig sehr starke Hörgeräte bekommen und sich sehr darüber gefreut.
  • Rhoda B. (14)
    hört seit 8 Jahren schlecht. Cerumen und Flüssigkeit wurden aus den Ohren entfernt. Rhoda hat auf beiden Seiten Löcher im Trommelfell und beidseitig Hörgeräte bekommen.
  • Nankwalu K. (50)
    hört seit ca. 20 Jahren sehr schlecht. Der Hörverlust trat nach Malaria auf, anfangs noch begleitet von Tinnitus. Nankwalu erlitt beidseitig sehr starke Hörverluste und hat sehr starke Hörgeräte bekommen. Sie war sehr glücklich darüber, ihren Mann wieder gut zu verstehen.
  • Monica K. (77)
    hört seit 5 Jahren sehr, sehr schlecht. Es gibt keinen bekannten Grund dafür. Monica hat beidseitig sehr starke Hörgeräte bekommen. Ohne Hörgeräte würde sie fast nichts hören können.
  • Praize T. (14)
    hat seit 6 Jahren links einen Hörverlust, in Folge einer Malariabehandlung. Sie hat auf der linken Seite ein Hörgerät bekommen.
  • Judith K. (7)
    hat mit 4 Jahren Malaria bekommen und konnte nach der medikamentösen Behandlung nichts mehr hören. Judith hat bis vor zwei Jahren noch gesprochen, danach nicht mehr. Sie zeigt keinerlei Reaktion auf laute Geräusche, ist ertaubt.
  • Muhamied S. (34)
    hatte vor 7 Jahren Malaria. Hat damals zu viel Medikamente bekommen. Die Hörmessung ergab linksseitig einen Hörverlust, rechts ist er leider ertaubt. Muhamied hat links ein Hörgerät bekommen und war super glücklich.

„Wenn wir nach Afrika gehen, bin ich sofort dabei!“

Interview mit Luise Schulz, die das Projekt federführend organisiert hat, und ihren Teamkollegen Sabine van de Mee, Fiona Lindenbach und Dr. Harald Goth über den Einsatz 2024 in Nawanyago

Wie ist die Idee entstanden, Hörgeräte für Afrika zu spenden und sie sogar dort anzupassen?

Schulz: „Es war halt so, dass immer mal wieder alte Geräte bei uns abgegeben wurden, und dann kam unser Chef auf die Idee, sie für wohltätige Zwecke zu nutzen. Ich sagte, wenn wir nach Afrika gehen, bin ich sofort dabei! So etwa 2018/2019 haben wir dann angefangen, Hörgeräte gezielt zu sammeln und beiseite zu legen.“

Woher stammten die Hörgeräte für Uganda?

Schulz: „Zuerst waren es gebrauchte Geräte, die aber noch relativ neu waren. Hörgeräte von Verstorbenen, zum Beispiel, oder wenn sich jemand für einen höheren Leistungslevel entschieden hat. Sie wurden natürlich hygienisch gereinigt und technisch aufbereitet. So kamen aus allen Filialen nach und nach immer mehr Hörgeräte zusammen. Letztendlich haben wir aber Neugeräte mitgenommen, das fühlte sich einfach besser an.“

Wie kam der Kontakt mit Uganda zustande, wer war euer Ansprechpartner?

Schulz: „Der Kontakt kam über den Schwiegersohn eines Kunden zustande, Herr Holzner. Er ist im Tusiima engagiert („TUSIIMA NAWANYAGO e.V. – Fortschritt für Uganda“), das ist ein wohltätiger Verein in Gemmingen, der seit vielen Jahren in Uganda ehrenamtliche Aufbauarbeit leistet. Wir haben sie gefragt, ob unsere Idee mit den Hörgeräten für Uganda überhaupt Sinn machen könnte, da Uganda von der Bevölkerung her ein sehr junges Land ist. Und der Bedarf war da; sie wollten gern, dass wir kommen.“

Wie verlief die Planung, was habt ihr mitgenommen?

Van de Mee: „Im Prinzip alles, bis auf das Otoplastik-Monomer. Das ist eine hochentzündliche Chemikalie, die weder im Container noch im Flugzeug transportiert werden darf.“

Schulz: „Der Vorlauf begann schon im Sommer 2023, da ging der Container mit allen möglichen Materialien auf See. Um den Container vollzumachen und keinen Millimeter Stauraum zu verschenken, wurden auch gleich noch ganz andere Sachen gesammelt, zum Beispiel Fußbälle und Trikots, Babysachen, Selbstgehäkeltes und so weiter, alles Sachspenden aus der Sammlung von Tusiima, dem Verein aus Gemmingen.“

Welche Hörgeräte hattet ihr dabei?

Schulz: „Wir haben uns für ein Basismodell entschieden, ein Hörgerät mit Schlauch und Batterie, das müssten die Patienten dann einmal im Monat im Krankenhaus reinigen lassen. In Uganda haben sie meist kein fließendes Wasser, auch keinen Strom, sonst wären Akkus in Frage gekommen. Das zweite Modell war ein WHO4-Gerät, für an Taubheit grenzende Fälle“.

Van de Mee: „Einige hatten wir auch im Gepäck und Handgepäck dabei. Batterien wurden auch teilweise schon im Vorfeld von Tusiima im Gepäck mitgenommen.“

Gab es dadurch Probleme bei der Einreise? Stichwort: Medizintechnik – Zoll?

Lindenbach: „In Uganda wurde der große Koffer mit den Hörgeräten rausgezogen. Sabine und Luisa wurden von Tür zu Tür geschickt. Zum Schluss durften sie ohne Prüfung weiterziehen.“

Van de Mee: „Der ugandische Zoll war definitiv überfordert mit Koffern voller Hörgeräte und Batterien. Die schienen dann aber zu entscheiden, dass sie keine Lust haben uns weiter zu befragen. Auf dem Rückflug gab es Probleme mit den Wachs- und Drucktöpfen.“

Lindenbach: „Sie konnten nicht nachvollziehen, wofür wir die verschiedenen Utensilien benötigt haben. Zum Glück hatten wir einen Arzt dabei. Mit dem Ausweis von Dr. Goth hat man uns dann aber durchgewunken.“

Wie viele Geräte habt ihr mitgenommen?

Schulz: „200 Hörgeräte insgesamt. Wir wussten ja nicht, was uns dort erwartet und dachten, lieber zu viel, als zu wenig. Am Ende haben wir ca. 60 Hörgeräte angepasst.“

Wem habt ihr damit helfen können, wer waren die Patienten?

Van de Mee: „Einheimische, aus dem Dorf und aus der Umgebung.“

Lindenbach: „Menschen mit Hörproblemen, von Alt bis Jung, aus Nah und Fern. Eine Person kam aus 40 km Entfernung angereist.“

Schulz: „Ein paar Wochen vorher ging die Buschtrommel los und auch das Lokalradio hat die Nachricht verbreitet, dass die Europäer kommen, Hörgeräte-Experten aus Deutschland. Wer Probleme mit dem Hören hätte, der solle herkommen.“

Wie war die Resonanz?

Schulz: „In der ersten Woche sind wir fast überrannt worden. Man sagte uns, wir könnten uns in Ruhe einrichten, aber dann standen doch zwanzig Patienten vor der Tür.“

Lindenbach: „Die Leute kamen zu Fuß oder mit dem Bus, oder haben sich mit dem Moped fahren lassen.“

Van de Mee: „Soweit ich das im Labor mitbekommen habe, waren die Menschen dort alle sehr dankbar, teilweise zu Tränen gerührt.“

Wie habt ihr das so plötzlich bewältigen können, hattet ihr Dolmetscher zur Verständigung vor Ort?

Schulz: „Das war recht verschieden. Ein paar wenige Patienten konnten Englisch, meistens haben uns Mitarbeiter vom Krankenhaus geholfen und übersetzt.“

Dr. Goth: „Nur bei circa 10 Prozent der Patienten war eine Verständigung in Englisch ohne Dolmetscher möglich. Die anderen sprechen Luganda oder das regionale Lusoga.“

Schulz: „Wir haben sie immer erst zu Dr. Goth geschickt, zur HNO-Kontrolle, und dann in die Hörakustik.“

Ein Glück, dass ihr in Teamstärke angereist wart …

Schulz: „Das stimmt, über Arbeit konnten wir uns nicht beklagen. Am Ende waren wir knapp zwei Wochen im Einsatz, die Reise- und Flugzeit mal nicht mitgerechnet. Und dann eben täglich von 9 Uhr an so lange, bis keine Patienten mehr da waren. Manchmal gab’s auch noch am späten Nachmittag eine Extraschicht.“

Wie war das Klima, die Umstände, die Rahmenbedingungen?

Schulz: „Es war schon wirklich sehr schwül, mit tagsüber 27 bis 30 Grad und nachts 18 bis 20 Grad. Ansonsten war alles da und neu und sauber. Das Gebäude war erst ein paar Tage zuvor fertiggestellt worden, wir haben die Räume praktisch eingeweiht. Einmal war Stromausfall, dann griff aber die Solaranlage.“

Van de Mee: „Ich fand es ungewöhnlich regnerisch, es gab viele Moskitos, auch das Zusammenleben mit Geckos ist gewöhnungsbedürftig. Das Appartement war einfach, aber sauber. Die Dusche war leider meistens kalt, weil der Boiler nicht an Solarstrom angeschlossen war.“

Dr. Goth: „Der Strom war schwankend, aber sie hatten immer Reserven über den Energiespeicher der Photovoltaik. Die Sauberkeit war in Ordnung, das Wasser sollte aber nicht getrunken werden.“

Lindenbach: „In der Nacht haben wir meist laute Musik von draußen hören können. Morgens ab 6 Uhr kamen aus Lautsprechern Gottesdienste.“

Erinnert ihr euch an besonders emotionale Momente mit Patienten?

Schulz: „Bei mir war ein junger Mann, der Emmanuel, so Anfang 20. Als ich ihm die Hörgeräte angelegt und angeschaltet habe, fing er an zu strahlen und es kamen ihm die Tränen, und mir dann auch. Eben noch war er hochgradig schwerhörig, im Prinzip taub, und jetzt das … Emmanuel war eigentlich schüchtern, fast schon scheu, dann aber war er so froh und so überwältigt, dass er unbedingt Händeschütteln und ein Foto machen wollte.“

Lindenbach: „Mohamied war auch sehr glücklich über sein Hörgerät. Er war auf der einen Seite leider taub. Auf der anderen hat er schlecht gehört. Mohamied konnte auch etwas Englisch, ein sehr lustiger Typ.“

Gab es noch andere besondere Begegnungen?

Lindenbach: „Rose hat sich auch sehr über neue Geräte gefreut. Sie schreibt uns immer noch Nachrichten über WhatsApp und fragt, wie es uns geht.“

Schulz: „Da war ein Patient, ein älterer Mann, der konnte nichts hören, aber leider auch weder lesen noch schreiben. Dem konnten wir absolut gar nicht helfen. Das ist sehr traurig und enttäuschend.“

Van de Mee: „Die Kolleginnen waren sehr betroffen, dass sie etlichen Patienten, die komplett ertaubten waren, tatsächlich nicht helfen konnten.“

Schulz: „Das kam auch für die Krankenhaus-Mitarbeiter sehr unerwartet, das plötzliche Gefühl von Versagen. Damit hatte keiner gerechnet, dass wir an unsere Grenzen stoßen würden.“

Hattet ihr auch sogenannte „harte Fälle“?

Schulz: „Ein Mann hatte in Folge eines Verkehrsunfalls keine Ohrmuschel. Und dann war da der kleine Lawrence, 5 Jahre alt. Der hörte sehr, sehr schlecht und hat seit der Geburt deformierte Ohrmuscheln, da konnten wir mit unseren Hörgeräten leider nicht helfen.“

Lindenbach: „Wir hatten leider viele Kinder, so vier bis fünf an der Zahl, die komplett taub waren und denen wir nicht helfen konnten. Das war enttäuschend und traurig.“

Schulz: „Sehr häufig war Malaria der Grund für Hörverluste, das hat uns überrascht und schockiert. Uganda ist Malariagebiet, und die Stechmücken können in der Dämmerung schon sehr zahlreich sein. Auch wir wurden zum Teil sehr stark attackiert und gestochen.“

Wie hat es sich angefühlt, dort zu helfen? Wie haben die Menschen auf euch reagiert, so insgesamt?

Dr. Goth: „Mit ungewohnter Dankbarkeit für unser Tun. Sie waren dankbar und respektvoll. Zum Teil gab es auch Tränen der Freude über das wiedererlangte Hörvermögen.“

Lindenbach: „Viele haben sich sehr gefreut. Wir haben danach auch sehr positives Feedback von den Sisters bekommen, da manche Eltern gleich draußen erzählt haben: Mein Sohn kann wieder hören!“

Schulz: „Die meisten Patienten waren sehr schüchtern, manche kamen aber dann doch noch zurück und wollten sich bedanken und ein Foto mit uns machen. Einige betonten ausdrücklich, dass sie sehr dankbar sind, dass wir extra aus Deutschland herkommen und ihrem Land und ihren Landsleuten helfen.“

Van de Mee: „Die Kinder aus der Umgebung waren allesamt sehr neugierig auf die „Muzungus“ – so nennt man dort die Weißen.“

Schulz: „Ein Patient hat uns eingeladen, ihn auf seiner Farm zu besuchen, er wollte uns zum Dank gern zum Essen einladen. Wir konnten das leider aus verschiedenen Gründen nicht annehmen.“

  • Calton K. (7)
    hört sehr, sehr schlecht; er versteht nur, wenn man mit ihm schreit. Vor einem Jahr bekam er plötzlich Hörprobleme, ohne ersichtlichen Grund. Calton wurde beidseitig von uns mit Hörgeräten versorgt (obwohl er immer so grimmig geguckt hat :-D)
  • Baluba W. (50)
    hört seit seiner Malariabehandlung vor 10 Jahren nichts mehr. Er wollte sich nicht behandeln lassen. Baluba ist ertaubt, Hörgeräte bringen ihm leider gar nichts. Er hat kein Gehör.
  • Rashida B. (25)
    hat seit ihrer Kindheit Probleme mit dem Verstehen. Alle müssen sich ständig wiederholen. Das Hören wurde nach der Malariabehandlung schlecht. Rashida hat linksseitig einen Hörverlust und dafür ein Hörgerät von uns bekommen. Sie hat sich sehr gefreut.
  • Rose N. (55)
    hört seit 15 Jahren schlecht. Sie hatte schon mal Hörgeräte, doch die waren sehr alt und wurden ausrangiert. Rose hat beidseitig einen sehr ausgeprägten Hörverlust und zwei neue Hörgeräte bekommen. Sie war sehr glücklich darüber. Wir haben immer noch Kontakt über WhatsApp.
  • Olivia K. (16)
    hatte einen Schmetterling links im Ohr und wollte deshalb gern das Gehör von uns prüfen lassen. Es war alles im grünen Bereich, bei ihr liegt keine Hörveränderung vor.
  • Prossy K. (40)
    hört seit 2 Monaten auf der rechten Seite nichts mehr, seit ihrer Malariabehandlung. Prossy war erkältet, sie musste sehr viel nießen und hatte Schmerzen im Ohr. Der Hörtest ergab einen Hörverlust auf der rechten Seite. Wir haben das Ohr mit einem Hörgerät versorgt.

Auf euren Bildern fällt auf, dass viele Patienten in schönen bunten Kleidern gekommen waren. Waren das Trachten?

Schulz: „Ich denke, wenn sie zum Arzt gehen, ziehen sie ihre besten Sachen an. Die Frauen kommen dann in Festtagskleidern, die jüngeren Leute schon eher mal in Casual Wear.“

Obwohl Uganda ein armes Land ist …

Schulz: „Arm ja, aber es ist auch ein sehr schönes Land. Die rote Erde … alles ist grün und blüht, mit einer unglaublich großen Artenvielfalt in der Pflanzenwelt und ganz besonderen Palmen.“

Van de Mee: „Die Unterschiede zwischen Deutschland und Uganda sind massiv. In Uganda herrscht unvorstellbare Armut.“

Dr. Goth: „Ein normaler Bauarbeiter verdient dort umgerechnet ca. 2,50 EUR am Tag. Der Monatsverdienst einer Hebamme beträgt 65 US-Dollar.“

Van de Mee: „Schwer zu glauben, dass wir in derselben Welt leben. Aber wenn man sich mit einem Menschen beschäftigt, stellt man trotzdem fest, dass es zumindest auf emotionaler Ebene in der Regel mehr Gemeinsamkeiten gibt als Unterschiede.“

Lindenbach: „Dort war alles viel ruhiger. Die Leute sind entspannter, haben ihre Termine aber nicht immer wahrgenommen. Manche kamen drei Stunden später oder anstatt in fünf Minuten erst nach zwei Stunden wieder.“

Hattet ihr Gelegenheit, in eurer Freizeit etwas zu unternehmen?

Schulz: „Einmal sind wir ins Dorf und zurück. Abends waren wir aber auch müde vom Tag, dann hieß es Abendessen – Lesen – Licht aus.“

Dr. Goth: „Unser Wochenendausflug nach Jinja, in die nächstgrößere Stadt war interessant. Dort entspringt der Weiße Nil aus dem Viktoriasee.“

Van de Mee: „Und wir waren auf dem Prayer Mountain, und am letzten Tag zum Bootsausflug auf dem Viktoriasee, zur Äquatorüberquerung.“

Wie war das Essen in Uganda?

Dr. Goth: „Einfach, wohlschmeckend, ausreichend.“

Lindenbach: „Generell dachte ich, dass das Essen mehr gewürzt sein würde. Dem war nicht so, da Gewürze sehr teuer sind. Aber das Essen war super, ich hatte nur andere Erwartungen. Es wurde jeden Tag frisch gekocht.“

Schulz: „Wir sind immer alle satt geworden, das sagt eigentlich alles. Übrigens gab es nur vegetarisch, alles aus der Region. Kochbanane (Matoke), spezielle Art Brot (Chapati), Reis, Bohnen, Erbsen, Kraut, eine spezielle Art Kürbis, Avocado, Tomaten, und viele Früchte als Nachtisch – Passionsfrucht, die leckerste Ananas, die ich je gegessen habe, Bananen, Wassermelone und noch anderes. Kühe, Hühner und Ziegen dürfen da glücklich umherlaufen.“

Van de Mee: „Ich fands sehr gut. Viel Gemüse, extrem frisch und aromatisch. Der Geschmack von Ananas, Mango, Avocado und so ist viel intensiver als hier.“

Welche Highlights der Reise bleiben euch in Erinnerung?

Schulz: „Die Reaktion von Emmanuel im Behandlungsraum, als er plötzlich hören konnte.“

Lindenbach: „Luisa und ich hatten nach der Anpassung auch Freudentränen. Es war einfach großartig, ihn so glücklich zu sehen.“

Dr. Goth: „Die Freundlichkeit der Menschen, die Wertschätzung, die Dankbarkeit.“

Van de Mee: „Der extrem herzliche Empfang und der emotionale Abschied von den Sisters und allen anderen Mitarbeiter der Klinik. Was dort mit den vorhandenen Mitteln – und mit einem Lächeln dazu! – geleistet wird, ist sehr beeindruckend.“

Unterm Strich habt ihr 42 Menschen mit Hörgeräten versorgen können, 16 davon beidseitig. Wie fällt euer berufliches Fazit aus?

Schulz: „Wir haben oft gesehen, dass Erwachsene oder auch Kinder an Malaria erkrankt sind und daher ihre Hörprobleme hatten, das ist erschreckend. Vor allem für Kinder, die gerade sprechen lernen. Das sind auch die traurigsten Fälle, weil: Wenn wir denen nicht helfen, dann hilft ihnen keiner.“

Euer persönliches Fazit? Würdet ihr es wieder machen?

Schulz: „Ich würde es nochmal machen. Es war eine schöne Mischung; bei warmem Wetter zu arbeiten, im Ausland sein und trotzdem zu arbeiten. Man ist viel mehr draußen, als sonst. Es ist kein Urlaub, aber auch kein klassisches Arbeiten. Fühlt sich gut an!“

Lindenbach: „Generell möchte ich die Erfahrung nicht missen. Es war super interessant, eine andere Kultur kennenzulernen, und hat super viel Spaß gemacht, den Leuten zu besserem Hören zu verhelfen. Die Leute im Health Centre waren superfreundlich und zuvorkommend, die Unterkunft war für zwei Wochen auch in Ordnung. Jedoch kann ich mir nicht vorstellen mit jedem so lange auf so engem Raum zu leben. Mit Luisa und Sabine hat es sehr gut funktioniert und wir haben uns gut verstanden. Es war ein lustiges Miteinander. Es kommt also drauf an, wer mitkommt.“

Van de Mee: „Ich bin sehr dankbar für die Erfahrung und würde es (entgegen meiner ursprünglichen Erwartung) auch gerne wieder machen – trotz massivem Kulturschock. Die Herzlichkeit und Wissbegierde der Leute, die im Health Centre mit uns gearbeitet haben, haben mich sehr berührt. Ich würde es wieder machen, auch wenn die Planung aufgrund der familiären Umstände für mich etwas schwieriger ist.“

Dr. Goth: „Ich würde es hundertprozentig wiederholen wollen, und ich hoffe, dass weitere Einsätze geplant sind. Die könnten wir auch noch besser vorbereiten, jetzt wo wir die Gegebenheiten vor Ort besser kennen.“

„Hörglücksbotschafter“ – unser Team für Uganda

Dr. Harald Goth, HNO-Arzt im Ruhestand. Dr. Goth war in Uganda für die HNO-Kontrolle als medizinische Erstuntersuchung zuständig.

Fiona Lindenbach, Hörakustikmeisterin und Filialleiterin in Wiesloch. Fiona war vor Ort für die Hörmessung und Hörgeräteanpassung zuständig.

Luise „Luisa“ Schulz, Hörakustikmeisterin, Pädakustikerin und Filialleiterin in Eppingen. War früher bereits auf humanitärem Einsatz in Namibia und hat die Mission in Uganda maßgeblich geplant und mit Tusiima organisiert. Luisa war vor Ort für die Hörmessung und Hörgeräteanpassung zuständig.

Sabine van de Mee, Hörakustikmeisterin und Otoplastik-Expertin in der Filiale Bad Rappenau. Sabine war vor Ort für das Labor und die Anfertigung der Ohrpassstücke zuständig.

  • Wygilife B. (4)
    ist nach einer Malariabehandlung im November 2023 ertaubt. Der Kleine hat vor der Erkrankung noch ganz normal gesprochen. Nun spricht er zwar immer noch etwas, hört aber nichts mehr und zeigt keine Reaktion auf laute Geräusche.
  • Resty A. (35)
    war 2019 in Jinja zum Hörtest. Sie hat vermutlich Otosklerose (eine Erkrankung des Knochens, der das Innenohr umgibt). Resty leidet seit dem Grundschulalter beidseitig an einem mittelgradigen Breitband-Hörverlust und klagt bei Lärm über Schmerzen auf der rechten Seite. Sie hat auf beiden Seiten Hörgeräte bekommen.
  • Alfat (3)
    hatte beidseitig eine starke Mittelohrentzündung. Eine Spielaudiometrie war mit ihm leider nicht möglich. Alfat hat zwar beidseitig gehört und reagiert, eine Hörschwelle war jedoch nicht messbar, aufgrund der Sprachbarriere und seines jungen Alters.
  • Helen M. (28)
    hört fast gar nichts mehr, schon seit ca. 3 Jahren, ohne bekannten Grund. Eine Hörmessung hat den Bedarf bestätigt: Helen hat auf beiden Seiten Hörgeräte bekommen.
  • Nangobi O. (17)
    bemerkte im Alltag, dass sie nicht alles versteht und oft nachfragen muss. Die Ohren waren aber frei und wir haben sie beidseitig mit Hörgeräten versorgt. Nangobi war darüber sehr glücklich.
  • Christine H. (73)
    hörte links sehr schlecht. Rechts verstand sie nichts, wenn man leise sprach, und wenn es lauter wurde, wurde es ihr schnell zu laut. Christine hat auf beiden Seiten Hörgeräte von uns bekommen.

„Wir wollen etwas aufbauen“

Geschäftsführer Lennart Goth über die Mission in Uganda

Herr Goth, Sie hatten die Idee der Charity-Aktion in Afrika, wie bewerten Sie die Mission jetzt abschließend?

Lennart Goth: „Also die Aktion war ein voller Erfolg. Man wünscht sich natürlich immer, mehr zu machen, mehr zu erreichen, das ist klar. Aber für ein mittelständisches Unternehmen wie unseres war eine zweiwöchige Reise nach Afrika schon eine Größenordnung, die wir im laufenden Betrieb erstmal kompensieren mussten. Wenn in einer Filiale mit, sagen wir drei Mitarbeitern einer fehlt, dann fällt das schon ins Gewicht. Was aber am Ende zählt, ist, dass wir vielen Menschen in elementar wichtigen Gesundheitsfragen helfen konnten, auch wenn dies leider nicht bei allen Fällen möglich war. Und da muss ich ganz klar sagen, da hat sich die ganze Mühe und der Aufwand gelohnt. Und da muss man auch den Vieren, die das geleistet haben, ein großes Kompliment machen!“

Kommen weitere Einsätze für Rhein-Neckar-Akustik in Frage?

Goth: „Wir wollen auf jeden Fall eine zweite Reise machen. Zielsetzung ist eigentlich, dass wir jedes Jahr im Sommer dorthin fahren und langfristig etwas aufbauen. Die Erfahrung zeigt aber auch: Man kann viel planen, am Ende kommt es oft anders. Wir haben auf jeden Fall die Absicht, das Netzwerk in Uganda, gemeinsam mit dem Manfred Holzner und dessen Frau Kerstin Weber-Kistler weiter aufzubauen.“

Als freier Kooperationspartner des TUSIIMA NAWANYAGO e.V.?

Goth: „Jawohl. Was der Manfred Holzner und seine Frau, die ganze Familie eigentlich, denn der Sohn als Arzt ist auch dabei, was diese Familie bereits erreicht hat, ist einfach unglaublich. Da reihen wir uns gerne ein und geben unseren Teil dazu, weil wir wissen, so können wir wirklich etwas bewirken und den Menschen dort helfen.“

  • „Schönes, armes Land“ – Uganda im Kurzprofil

Land

  • Uganda ist ein Binnenstaat in Ostafrika und hat ca. 47 Millionen Einwohner. Nachbarländer sind Südsudan, Kenia, Tansania, Ruanda und die Demokratische Republik Kongo.
  • Der Name Uganda stammt vom Königreich „Buganda“, das einen Großteil des Landes einnimmt.
  • Von den ca. 241.000 qkm Staatsfläche sind ca. 199.710 qkm Landesfläche, der Rest entfällt auf Wasserfläche.

Geografie

  • Uganda ist von Seen umgeben (im Norden der Albertsee, im Süden der Viktoriasee) und geprägt von Urwäldern und Savannen.
  • Die größte Fläche ist hügeliges Hochland auf 1.000 bis 1.500 m über NN.
  • Wichtige Rohstoffe sind Kupfer, Kobalt, Nickel. Das Land besitzt große Öl- und Erdgasvorkommen sowie große Erzvorkommen.

Klima

  • Das Klima ist tropisch warm, aber gemäßigt. Quer durch den Süden des Landes verläuft der Äquator, aufgrund der Höhenlage ist das tropische Klima in Uganda etwas milder.
  • Die Tagestemperatur bewegt sich zwischen 25 bis 30 °C, die Nachtwerte schwanken um 17/18 °C.

Bevölkerung

  • In Uganda leben schätzungsweise mehr als 60 Völker, die ihre eigenen Sprachen, Kulturen, Bräuche pflegen. Ca. 85 % sind Christen.
  • Im Jahr 2022 zählte man rund 47,25 Millionen Einwohner; die Bevölkerung wächst jährlich um etwa 3 %.
  • Das Durchschnittsalter liegt bei ca. 16 Jahren, d.h. es gibt wenig alte Menschen. Die Lebenserwartung liegt durchschnittlich unter 60 Jahren.

Bildung

  • Der allgemeine Bildungsstand ist trotz Schulpflicht schlecht.
  • Nur wenige Familien sind in der Lage, ihren Kindern nach der Grundschule eine weiterführende Schulbildung zu ermöglichen.
  • Anerkannte Berufsausbildungen erfolgen an Universitäten o.ä.; die Studiengebühren sind für normale Familien kaum bezahlbar.

Politik

  • 1962 erlangte Uganda die Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich Großbritannien.
  • Hauptstadt ist Kampala, sie liegt im Süden am Ufer des Viktoriasee. Amtssprachen sind Englisch und Swahili, im Königreich Buganda auch Luganda.
  • Die politische Lage ist in Uganda vergleichsweise stabil, weshalb das Land als Dreh- und Angelpunkt für verschiedene UN-Missionen fungiert.

Wirtschaft

  • In der Mitte und im Süden des Landes herrscht Hochkonjunktur, Exportschlager ist Kaffee (20 bis 30 %), gefolgt von Fisch, Tee, Tabak.
  • Die Wirtschaft von Uganda wächst beständig, mit jährlichen Wachstumsraten von 5 bis 6 %.
  • Dennoch ist Uganda weiterhin eines der ärmsten Länder der Welt.
© 2024 Rhein-Neckar-Akustik ImpressumDatenschutzLoginCookie-Einwilligung ändern
made by zeitlosdesign